Bildungs-, Pilger- und Erholungsfahrt mit Rollstuhl und Wohnmobil durch Europa von Erika und Winfried Kerkhoff Peloponnes 1. Fortsetzung ----------------------------------------------------- Auf dem Weg mal eben
mitgenommen
Erstes Etappenziel auf
unserer Griechenlandreise war der Besuch bei meinem Sohn. Wir wollten endlich
seine Wohnung begutachten und mit den Enkelkindern spielen. Da es warmes
Wetter war, war Fangen spielen und Springen ins Planschbecken angesagt, bis dem
Opa absolut die Puste ausging. Natürlich plauderten wir auch mit Sohn und
Schwiegertochter. Für unsere Reise nach
Griechenland wurden hier endlich die technischen Voraussetzungen geschaffen,
dass wir an unserem Sonnenverdeck, das wir nun schon das dritte Jahr an dem
Wohnmobil fest montiert haben, die Seitenteile einhängen können und es nicht
seitwärts hineinregnen kann. Dafür eignete sich der Vorgarten sehr gut. Allein
hatte ich mir die kleinen, aber sehr präzis durchzuführenden Arbeiten nicht
zugetraut. Das Vorzelt nehmen wir schon lange nicht mehr mit. Es ist zu
langwierig und schwierig aufzubauen, wenn man ohne Hilfe ist. Es ist nicht immer
und überall so wie vor Jahren in Serignan und Kroatien, obwohl wir sehr viel
liebe Menschen, gerade auf dieser Reise in Griechenland
kennen und schätzen gelernt haben. Keutschacher See Am Montag, 12.8.98, war Ende
des Zwischenaufenthaltes. Abfahrt 9.30 Uhr. Die
nächste Haltestation auf dem Weg nach Süden war Kärnten, wo wir am Montagspätnachmittag
ankamen, um zu übernachten: Unser Wohnmobil parkten wir auf dem Camping Müllerhof
am Keutschacher See. Knapp 5 Stunden waren wir unterwegs einschließlich der Frühstückszeit
gewesen. Am Faaker See, der in der Nähe liegt, waren wir schon vor Jahren, als
meine Frau noch gesund war, mit einem Freund und dessen Familie gewesen. Der
Keutschacher See liegt inmitten von vielen kleinen Bergen. Wir bekamen einen
Stellplatz direkt am Waschhaus und waren nur knapp 100 m vom See entfernt, auf
dessen Grund und an dessen Ufer nur Kieselsteine lagen. Davor aber eine große,
grüne satte Wiese zum Liegen. Und jetzt stellte ich fest: du hast deine
Saunasandalen vergessen. Die standen zu Hause im Schuhfach. Für das Baden im
See wären solche Sandalen angenehm gewesen. Auch für Griechenland. Die
Sandalen waren
aber auch nicht auf unseren Vorbereitungszetteln zu finden. Unerklärlich! Also
nachtragen! Für das nächste Jahr. Ich hatte zwar so lockere
Gesundheitssandaletten, bei denen man auf Noppen ging, aber die konnte man im
Wasser verlieren. Natürlich habe ich mir vorgenommen, solche „Saunamauken“
bei der nächsten Gelegenheit zu kaufen. Die musste es doch eigentlich überall
geben. Doch am Ende der Reise hatte ich immer noch keine. Ob mein Geiz mich über
mein Unterbewusstsein manipulierte? Ich weiß nicht. Zu Hause stellte ich fest,
ich hatte 2 Paar dieser Schuhe: je eins in Albersloh und in Berlin. Die Hygieneverhältnisse auf
diesem Campingplatz in Kärnten waren lobenswert, Waschmaschine, Trockner, alles
makellose Wasch- und Arbeitsbecken. Was besonders angenehm war, dass die Stellplätze
weichen „temperierten“, aber im Verhältnis zum warmen Wetter kühlenden
Rasen hatten! Barfuß laufen wurde zum Erlebnis! Es gefiel uns alles so gut, dass
wir nicht am nächsten, sondern erst am übernächsten Tag weiterfuhren. Aber die nächste Panne nach
den fehlenden Saunaschuhen nahte. Irgendwie erinnerte mich das an die Streiche
von Max und Moritz, wo auch immer ein Opfer gefunden wurde. Nur dass wir diesmal
wieder die Dummen waren. Abends wünschten wir
Nachrichten über das Fernsehen. Dazu muss man wissen, dass wir für unsere
Fernseheinrichtung eine elektronische Antennensteuerung auf dem Dach des
Wohnmobils haben. Diese Steuerung fährt die Antenne aus. Wenn das Wohnmobil
angelassen wird, um loszufahren, wird die Antenne sogar elektronisch
heruntergezogen, sodass man nie mit hochgefahrener Antenne wegfährt. Diese
Steuerung bringt die Antenne auch auf den besten Empfang. Komfortabel, nicht?
Teuer auch. Das superschlaue
elektronische Gehirn, das die Außenantenne organisiert, meldete uns aber eine
Blockierung. Kein Fernsehen! Wir versuchten Firmen und Fachleute in Deutschland
am nächsten Tag – am heutigen Tag war es dafür schon zu spät - per Handy zu
erreichen. Die Firma, die uns die Antenne eingebaut hatte, vermittelte uns einen
Fachmann, den wir sofort anriefen. Alle telefonisch Angesprochenen waren
hilfsbereit und hatten Vorschläge und Trost, es sei sicher eine Kleinigkeit,
aber eine Diagnose aus Deutschland war schwierig und die Blockierung blieb.
Fernsehfreie Abende! Und keine Nachrichten über evtl. Brände in Griechenland
und keine Datumsangaben! Wir hatten doch einen Einschifftermin! Ob damit die
Pannen aufhörten? Kroatien Nach
zwei Tagen in Kärnten, am Mittwoch, ging die Fahrt weiter nach Süden, Richtung
Kroatien, bald erreichten wir Italien. Es wurde sehr heiß, da es Mittagszeit
war. Nach
zweimaligem Verfahren (in Slovenien und Kroatien) kamen wir endlich in Solaris
(vor Porec) auf Istrien an: 15.30 Uhr. Abfahrt in Kärnten war kurz nach 10 Uhr.
Über eine Stunde eher hätten wir unser Ziel erreichen können. Wir finden in Solaris einen
Stellplatz unter Bäumen, das ist gut so. Die Sonne strahlt vom Himmel,
ununterbrochen, tagsüber 35°. Die Bäume machen die Hitze gut erträglich.
Aber in Solaris gibt es viele kleine Steine und rote Erde. barfuß laufen? Lieber
nicht. Es halfen mir die Gesundheits-Noppensandalen. Solaris ist zu dieser
Jahreszeit im Vergleich zu früher, als wir 1995 da waren und noch Krieg in dieser Gegend herrschte,
relativ gut besetzt. Unglücklicherweise liegt das Plätzchen, das noch frei ist
und uns gefällt , an einem Waschhaus mit nur kaltem Wasser. Warme Duschen und
warmes Wasser gibt es nur in entfernteren Waschhäusern. Wozu haben wir schließlich
das Fahrrad mitgebracht? Wenn ich warmes Wasser für Erika hole, stelle ich den
gefüllten Eimer in meinen Korb vorn am Lenkrad. Am Wohnmobil angekommen, ist er
nur noch halb voll. Für Erika reicht es allemal. Ich habe meine Dusche auf dem
Fahrrad bereits gehabt von dem immer wieder hoch gesplenterten Wasser.
Erlebnisreich! Nachahmenswert! Zeit sparend! Unsere Freunde bzw.
Bekannten, die wir in Serignan kennen gelernt hatten und hier in Kroatien zu treffen glaubten, fanden wir nicht.
Sie kamen auch nicht. War
euch Solaris doch nicht recht? So blieben wir allein und sonnten uns, faulenzten
und lösten Kreuzworträtsel, damit wir im Urlaub nicht geistig einrosteten. Die
Wissenschaft – haltet ihr viel davon? – soll festgestellt haben, dass schon
nach acht Tagen Hindösen im Urlaub, die Intelligenz verfällt. Wer will das
schon? Abends, wenn die Camper vor
den Zelten und Campingwagen zusammensitzen oder in den umliegenden Lokalen
feiern, knipsen wir unsere selbst gebastelte Außen-Stofflampe an und lassen den
Tag ausklingen. Jahrelang hatten wir nur eine gittergeschützte Arbeitslampe mit
einem sehr langem Kabel, das wir außen in die zusätzlich am Wohnmobil
angebrachte Steckdose, stecken konnten, mitgenommen. Für diesen Urlaub hatte
ich es geschafft, dieser Lampe einen Schirm zu beschaffen. Erika und ich erstanden bei
dem Bastelgeschäft „Lignum“ in Münster/Westf. ein Lampengestell. Das
kostete allein 28,00 DM! Auf dem Dachboden lagen aus der Vor-Schlaganfall-Ära
vielerlei Stoffe. Mit Stoffklebe, selbst gedrehter Kordel und einem
Papierlocher, mit dem ich die Löcher für die Kordel in den Stoff brachte,
befestigte ich den Stoff. Erika war begeistert, was mich ganz stolz machte. Wenn
man von einiger Entfernung unseren Vorplatz betrachtete, konnte man schon ins Träumen
kommen. Das magische blaue Licht, das unsere Lampe verteilte, hüllte alles
geheimnisvoll ein. Die fast ein Meter große vielköpfige rote Margeritenblume,
die ich an der Innenseite der Wohnwagentür angebracht hatte und, wenn sie nach
außen aufgeklappt war, jedem Ankommenden von der Eingangstür her
entgegenleuchtete, erschien mir in diesem Licht unwirklich, fast märchenhaft.
Erika sagt wiederholt: „Was haben wir es doch gut, was ist es schön!“ So
spielt durch kleine Effekte der Rollstuhl bzw. die hochbeinige Liege mitunter
keine Rolle. Stimmt unsere
Zeitrechnung?
Heute meinen wir ist Sonntag,
stimmt das? Auf dem Kalender unseres funkgesteurten Weckers – funktioniert der
auch in Kroatien? - geguckt, ob das Datum, 16.8., stimmt, damit wir nicht zu spät
für die Seefahrt von Venedig aus starten. Es musste stimmen. Der Computer sagte
dasselbe. Erst am Dienstag, 18.8., ist dieser Abfahrtstag. Und ich bin schon
jetzt unruhig, den Termin zu verpassen. Die Überfahrt nach Griechenland dauert
bis Donnerstagmorgen 6 Uhr. Wir haben zwar den Kalender aus Erikas Zimmer (mit
Tageswitzen, wir sind Abonnenten dafür) mitgenommen, aber wir haben auch da
schon mal das Tagesblatt abzuziehen vergessen und sind in der Zeit verkommen.
Wir haben ja kein Fernsehen, das Radio quasselt und singt in vielerlei Sprachen
– nur nicht, die wir verstehen. Aufgeregt
bin ich auch, weil ich Sorge habe, ob ich den Hafen in Venedig mit den
Anmeldegebäuden der Minoan Lines (der Schiffsgesellschaft) in angemessener Zeit finde. Danach muss sich nämlich
unsere Abfahrt von Solaris in Kroatien richten. Überfahrtsproblem
„Kaffee“
Zunächst
waren für die Reise per Fähre ab Venedig und für die Autofahrt dorthin ein
paar Probleme vorweg zu lösen: Wie komme ich an den warmen sehr dünnen Kaffee für
meine Frau? Gas darf auf dem Schiff nicht gebraucht werden. Kaffee von den
oberen Stockwerken der Fähre in einer Dose oder dgl. nach unten zu tragen,
schien mir keine gute Idee. Wie oft sollte ich da laufen. Außerdem war der dann
auch bald kalt. Aber Strom gibt es! So steht es im Prospekt. Camping an Deck! Ihr erinnert euch. Für diese Reise hatten wir
zum ersten Mal einen vom Unterteil abnehmbaren Heißwasserbereiter mitgenommen.
So kochte ich für die Fahrt nach Venedig guten Kaffee. Eine Thermoskanne voll.
Dazu kam eine Thermoskanne voll mit heißem Wasser. Kaltes Wasser hatten wir
noch von „Lidl“ (Nahrungsmittelkette), stilles Mineralwasser. So konnte ich
den Kaffee immer auf die Temperatur bringen, die Erika haben wollte. Ich weiß,
was ihr jetzt denkt. Wer mag denn so einen öfter getauften Kaffee? Aber Erika
soll nicht so starken Kaffee trinken, sie mag auch keinen „guten“ Kaffee
mehr. Sie nennt ihren Kaffee „liebevoll“ Plörre (plattdeutsch für
schlechten, d. H. dünnen Kaffee: Was für eine Plörre!). Und für mich reduziert sich die
Arbeit. Da ich z.Z. keinen Kaffee trinke, können wir mit diesem Vorrat an
vorgefertigten Kaffee auch auskommen. Nach Venedig zum Check-in
Der 18. August, der
Abfahrtstag von Solaris und Beginn der Überfahrt von Venedig aus, ist ein
Familien-Feiertag. Das 7. Enkelkind hat Namenstag. Wir rufen schon am Abend vorher an, weil wir nicht
wissen, ob wir morgen auf der Fahrt nach Venedig vor lauter Aufregung daran
denken anzurufen. Das Namenstagskind ist am Telefon und nimmt die
Namenstags-Vorauswünsche entgegen. Das Geschenk hatte es ja schon
bekommen, als wir zu Besuch waren. Wir gratulieren!. Heute ist nun Aufbruchstag.
18. 8. Zuerst noch einmal allen Namens- und Geburtstagskindern auf der Welt alles Gute!
Geburtstagsmenschen gibt es jeden Tag, wendet ihr Leser ein. Dann euch allen,
die heute Geburtstag haben, alles, alles Gute. Also Abfahrt von Istrien,
Kroatien. Alles ist gepackt, Erika auf ihrem Bett gegurtet. Die Füße und Knie
gut und richtig abgestützt. Wir können. Wir sind später dran, als wir geplant
hatten. Wir konnten unser Stromkabel nicht aus dem Stromkasten ziehen, da der
Stromkasten abgeschlossen, und der Techniker, der für das Abschließen zuständig
war, uns versetzt hatte. So musste ich noch einmal zur Campingrezeption und
mahnen. Es ist 12 Uhr, als ich
endlich den Schlüssel in den Anlasser des Wohnmobils einstecke. Es antwortet
mir, aber springt nicht an. Das hat es noch nie getan. Ich lasse zum zweiten Mal
an. Nichts. Nun werde ich doch unruhig. Sollen wir an diesem denkwürdigen Tag
unseres Lebens, Beginn der Griechenlandreise, hier liegen bleiben? Ich rechne blitzschnell: Könnte
ein Mechaniker noch helfen, dass wir das Schiff heute um 21 Uhr nicht verpassen?
Ein drittes Mal. Nichts! Ein Nachbar, der direkt ins Cockpit sehen kann, guckt
bedenklich drein. Bin ich so aufgeregt, dass ich etwas anderes tu als sonst? Dieser
elektronische Verschluss, dass keiner das Auto klauen kann! Hat der vielleicht
etwas damit zu tun? Er war ja vor der letzten Reise im Jahr 1997 ausgefallen,
seitdem nur mit einem Kniff zur überbrücken. Reparieren konnten wir ihn ja
nicht, weil der Plan für die Verdrahtung fehlte. Ein viertes Mal lass ich an.
Dass nur nicht die Batterie leer wird! Er springt an! Glück gehabt oder?
Unterwegs hat mich natürlich dieses Erlebnis dauernd verfolgt, vor allem, weil
ich bei einer Pause – wir konnten ja nicht durchfahren wegen Erikas Mahlzeiten
- wieder drei Mal diese Ängste haben musste. Aber dann bei der nächsten Pause
– keine Probleme mehr. Rätselhaft! Wir fanden alle Rückwege
durch Kroatien und Slovenien. Besser ist es, Karten hinzuzuziehen, als sich
allein auf die Ausschilderung zu verlassen, wie wir es auf dem Hinweg gemacht
hatten. Kamen auch in Italien auf der Autobahn gut voran – ohne Stau, mit Pausen für
Nahrungsaufnahme für Erika – bis wir eigentlich in Richtung Venedig abfahren
mussten. Da fanden wir nicht die richtige
Ausfahrt, mussten schließlich ja wohl die letztmögliche, die nach Venedig
führte, nehmen, sonst wären wir überall,
nur nicht in Venedig gelandet. Diese letzte Ausfahrt nach
Venetia hatte sogar einen Hafenhinweis und – dieser Weg entpuppte sich als
richtig. Ein italienischer Polizist, der englisch sprach, bestätigte meine
Frage. Die war übrigens auch auf Englisch. (Lache nicht, liebe Schwiegertochter
! Ich weiß, du denkst an Weihnachten, als ich deinem Vater vor Jahren „Very
Christmas“ wünschte.) Auf jeden Fall hat der Italiener verstanden, was ich
wollte. Ab jetzt stimmten die
Hinweise der Schifffahrtslinie, die uns den Weg von der Autobahn zum Hafen
beschrieben hatte, sehr präzise. Hatten wir geglaubt kurz vor 18 Uhr – 19 Uhr
war Ankunftspflicht zum „Check-in“ – eine der ersten Reisenden zu sein...
Es standen wohl schon 50 Wohnwagengespanne bzw. Wohnmobile da. Also anstellen
und zum Minoan-Gebäude Unterlagen holen - und zur Passkontrolle. Schwierigkeiten!
Mit
den Papieren erhielt jeder in dem Abfertigungsgebäude der Schiffsgesellschaft Minoan
Lines unter anderem ein Hinweisblatt, dass nach Abstellen des Wagens auf
dem Schiff alle Insassen bis 1 ½ Stunden nach Ablegen des Schiffes sich auf den
Decks 5/6 aufzuhalten hätten. Neues italienisches Gesetz. Da auf Deck 4 aber die
Wohnmobile platziert waren, konnten wir so nicht im Wohnmobil bleiben und da sah ich erhebliche Sitzprobleme für
Erika, wenn sie mit dem Rollstuhl auf Deck 5/6 bleiben mußte. Und das
mit Recht, wie sich nachher herausstellte. Reden deswegen mit der
Passkontrolle brachte nichts, aber sehr freundlich vermittelte die uns an einen
wichtigen Mann der Minoan-Gesellschaft. Der sich dann mit uns beschäftigte,
sprach deutsch, ihm war aber das Problem nicht klar zu machen. Er verwies an die
Offiziere des Schiffes, an die sollte ich mich gleich beim Befahren des Schiffes
wenden. „Wir haben nichts damit zu tun,“ sagte er. „Im übrigen, gleich
beginnt das Einschiffen schon.“ Es war 18.35 Uhr. Ich rechnete: Das waren ja
weit mehr als 3 Stunden, in denen Erika im Rollstuhl sitzen sollte. Später
zeigte sich, dass es noch eine Stunde länger dauerte. Es musste was geschehen.
Ihr erinnert euch: 1 bis 2 Std. kann Erika je nach psychophysischer Verfassung
sitzen. Ich hastete zum Wohnmobil zurück,
dort war man schon ein kleines Stück in der Reihe aufgerückt. Also ein Stück
nachfahren. Erika erzählte ich das Problem, was sich aufgetan hatte nicht, um
sie nicht zu beunruhigen. Bevor es weiterging, wurden
wir zukünftigen Seereisenden sortiert. Zuerst konnten alle in das Schiff
hineinfahren, die nach Patra - auch unser Reiseziel - wollten. Jeder Autofahrer hatte ein Schild mit dem
Zielhafen, das vorn ins Auto zu legen war, bekommen. Diejenigen, die
Igloumenitsa – das erste Reiseziel, in Nordgriechenland – anfuhren, kamen später
auf das Schiff, da sie die Ersten waren, die es wieder verlassen mussten. Kurz
vor der Einfahrt mit dem Wohnmobil ins Schiff erwischte ich einen
Schiffsoffizier. Ich erklärte ihm, dass ich im Wagen eine behinderte Person mit
Rollstuhl hätte, die nicht so lange im Deck 5 warten könne, deswegen im
Wohnmobil auf dem Schiff bleiben müsse. Alles auf Englisch. Er verstand, was
war ich gut! Er sprach sofort über Talkiewalkie. Am Schiffseingang merkte man
sich meine Autonummer, die wurde weiter nach innen in den Schiffsbauch gegeben
und schon hatte wir einen Stellplatz direkt bei den Behindertentoiletten und in
der Nähe des Aufzuges. Wachsam, wie ein Hund!
Doch
im Laufe des Einschiffens weiterer Fahrzeuge ging wohl die Information, dass in
unserem Wohnmobil eine behinderte Person war, verloren. Ich musste dafür
sorgen, dass vor dem Ausgang des Wohnmobils genügend Platz blieb, damit ich mit
Erika auf dem Arm überhaupt aussteigen konnte. Nach einiger Zeit sah ich, dass
wir mit dem Rollstuhl überhaupt nicht mehr zum Aufzug kommen konnten. Autos
standen davor. Also Intervention bei den Platzanweisern. Die schickten mich zu
einem der deutsch sprach. Sehr entgegenkommend regelte er alles. Ich bekam mehr
Platz an der Seite des Wohnmobils, die Autos vor dem Aufzug wurden umdirigiert,
dass mehr Freiraum entstand. Es blieb dann, als immer noch mehr PKWs an Bord
fuhren, eine sehr schmale, aber ausreichende Zufahrtsmöglichkeit. Die nutzten
wir dann am nächsten Mittag, um uns das Schiff anzusehen. Und
auf der Rückreise? Wieder schien zuerst alles Wonne. Aber ehe ich mich versah,
war alles zugestellt. Ich musste wieder ein Veto einlegen. Gutwillig wurden die
Wagen und Wohnwagen wieder verschoben, bis für einen Rollstuhl ein Durchkommen
möglich war. Campingleben an Bord
Übrigens
schliefen wir an Bord recht gut. Auch Erika. Trotz Stampfen und Dröhnen der
Schiffsmotoren, trotz Zittern und Querschwankungen des Schiffes. Letzteres war
besonders auf dem Rückweg in der letzten Nacht, wo das Schiff mächtig „speed“
hatte, so stark, dass ich im Gang des Wohnmobils mich fest halten musste, da ich
hin und her schwankte wie nach einer weinseeligen Nacht. Für
Erika hatten wir uns bei dem Apotheker nach einem Mittel gegen Reisekrankheiten
erkundigt. Da Erika ja während der Überfahrt fast den ganzen Tag lag, dachte
ich, dass sie eigentlich prädestiniert war, die „Seekrankheit“ zu bekommen.
Präventiv kaute sie deshalb jedes Mal, nachdem wir abgelegt hatten, eine
Tablette. Das - so zeigte es sich - reichte durchaus. Diese Kautablette war als
einzige von allen Präparaten, die der Apotheker des Ortes freundlicher Weise
auf Verträglichkeit hin – wegen des Schlaganfalles und der damit verbundenen
Medikamention – geprüft hatte, übrig geblieben. Es
bekam jeder Wohnwagen Stromanschluss. Kabel mit reichlich Stromanschlüssen
waren hoch oben unter der Decke angebracht und auf Trommeln aufgewickelt. Die
Stecker wurden mit einer langen Stange heruntergezogen. Die Camper warteten
schon und nahmen die Stecker in Empfang und steckten sie in die Gegenstücke des
Wohnmobils. Elektrischer Strom war sofort da. So konnte in dem Heißwasserbereiter
auch Erikas Nutrikomp, ihr Flüssignahrungsmittel - gewärmt werden. Im
Wasserbad. Diesen kostbaren Heißwasserbereiter habe ich gerade jetzt von der Küchenzeile
des Wohnmobils geworfen, als ich am Computer am Wohntisch im Mobil auf der Fähre
schon mal einiges für diesen Bericht schrieb. Das heiße Wasser klatschte auf
den Teppich. Gott Dank nicht auf meine nackten Knie (Es war doch so heiß auf
dem Schiff, keine Kühlung durch die Fahrt, der Fahrtwind war warm wie aus dem
Haartrockner!). Sofort Trocken-mach-Aktion! Der Deckel des Heißwasserbereiters
ist abgebrochen! Stellte ich danach fest. Irreparabel! Eigentlich kann man nur
sagen: Sch...! Ich prüfte gleich die Funktionsfähigkeit des Gerätes. Aber
der Heißwasserbereiter funktionierte noch und blieb intakt bis zum Reiseende.
Doch Glück gehabt! Gestern
Abend – also noch am Check-in-Tag in Venedig - hatte ich schon mal alle Etagen
der Fähre ausgekundschaftet. Heute fuhr ich sie mit Erika im Rollstuhl ab. Über
den Lift ging es nach oben. Oben im 7. Deck eine Diskothek, 6. Deck Frühstücks-,
Aufenthalts- und kleine Gruppenräume und Kajüten, im 5. Deck ebenfalls Kajüten,
Empfang und großer Aufenthaltsraum mit Schiffsmodell in der Mitte des Raumes,
außen ein Schwimmbecken. Alles aus Pomp und Seide! Auf dem 4. Deck stehen die
PKWs und Caravaner, darunter, in den unteren Decks harren die LKWs und Container auf ihr
Ziel. Alles in allem: ein Riesenliner! Übrigens
war Erika auf der Schiffshinfahrt der/die einzige Rollstuhlfahrer/in (auf der Rückfahrt
gab es einen mehr). Auf
dem Weg von den oberen Etagen wieder zurück zum Deck 4 nach unten, blieb der
Lift auf der 3.Etage stehen. Wir haben gewartet und gewartet. Wer konnte ahnen,
dass das heute schon öfter passiert war. Wir machten noch einmal einen Rundgang
im 5. Deck. Als
wir zurückkamen, stand der Lift immer noch auf 3. Erika konnte nicht mehr
sitzen. Ich zur Rezeption, die Gott sei Dank auf demselben Deck lag. Und wenn
der Lift ganz ausfiel? dachte ich auf dem Weg dorthin. Ja, dann musste Erika über
die Treppe in das nächste Deck nach unten getragen werden. Seeleute sollen ja
kräftig sein. Pessimist, sagt sicher der eine oder andere von euch. Mit
Realutopist wäre ich einverstanden. Aber – der Lift wurde von einem von der
Rezeption mit einem Schlüssel vom 3.Deck hochgeholt. Alles O.K. Wir landeten
sicher in unserem Wohnmobil. Griechenland, aber es ist
ziemlich dunkel im Hafen
Es
ist 21.00 Uhr. 2. Tag der Seereise. Soeben haben wir Griechenland angefahren:. Die
ersten Reisenden haben ihr Ziel Igoumenitsa in Nordgriechenland erreicht. Wir
grüßen dich, Griechenland! Dunkelheit
hält alles verborgen. Die paar Lichter im Hafen – ein paar beleuchtete Liner
- und auf dem Land sind zu schwach, das verborgene Hinterland erkennen zu
lassen. In ca. 10 Std. sind wir in Patra. Am 20. August, um 6 Uhr nach unserer Zeit, nach griechischer um 7 Uhr, in Patra auf dem Peloponnes. Wir werden dann mehr sehen. Wir sind sehr aufgeregt. Und wieder: Organisation
ist alles
Bevor
ich mich zur letzten Schiffsnacht schlafen lege, schreibe ich noch einmal auf,
was ich morgen früh vor unserem Verlassen des Schiffes mit dem Wohnmobil alles
erledigen muss. Ich stelle den Wecker auf 5.05 Uhr. Fünf Minuten Schlaf
herausgeschlagen! Erledigt
werden muss: Erika
-
Tracheokanüle wechseln -
Wärmflasche für die Füße -
Hygienevorlagen erneuern -
Schuhe anziehen -
Erika gurten -
Sicherungsbrett vor Erikas
Bett anbringen und festbinden -
Knie rechts und links mit
einem Kissen gegen Wegrutschen sichern, ebenso die Füße -
Erika die Brille aufsetzen Wohnmobil
-
Alles Freistehende von Tisch
und Küchenzeile abräumen -
Alle Türen – auch von den
Schränken – schließen -
Alle
Schrankklappen „festklopfen“ -
Kühlschranktür sichern -
den zusammengeklappten
Rollstuhl feststellen und festzurren (an den Tisch, damit der Rollstuhl nicht
verrutschen kann) -
Verdunklungsklappen vor den
Fenstern hoch -
Gardinen zur Seite -
Fenster schließen (ziemlich
zuletzt, weil es 30° ist in der Nacht, trotz Fahrtwind durch die offenen großen
Luken des Schiffes) -
Dachluken schließen - Stromkabel abziehen und die Außen-Klappe am Wohnmobil, wo der Außenstecker drin steckt, gut andrücken -
Treppe am Wohnmobil einholen Winfried
-
Brille aufsetzen -
feste Schuhe
|