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Ich lieh dir meine Hände Bildungs-, Pilger- und Erholungsfahrt mit Rollstuhl und Wohnmobil durch Europa von Erika und Winfried Kerkhoff 3. Fortsetzung ------------------------------------------------------ Griechische Überraschung
Am
Abend dieses Tages kommt unsere – oben bereits erwähnte - griechische
Nachbarsfamilie zu uns, die wir draußen faulenzen, und überrascht uns mit
Kuchenteilchen. Wir hatten uns immer gegrüßt und nur ein paar Mal unterhalten
– mit Händen und Füßen. Aus Athen kamen sie. Der Kuchen der Form nach eine
Art „Berliner“ Pfannkuchen, aber nicht in Öl gebacken, nur mit Schokolade
überzogen und quer durchgeschnitten, mit einer Kremschicht versüßt. Wir
bedankten uns. Erika und ich aßen mit Vergnügen. Wir sannen auf eine
Gegengabe. Als die Nachbarn überraschend am übernächsten Tag, Samstagmorgen,
ab- und aufbrachen, blieb uns nicht mehr viel Zeit und Möglichkeit. Ich fragte
die Tochter auf Englisch, ob Ihre Eltern Eis essen. Ich hatte sie nämlich
abends vorher Eis essen sehen. „Icecream?“ fragte sie zurück, „Yes“,
war ihre Auskunft. Also kaufte ich Icecream mit Schokoladenüberzug, für jedes
Familienmitglied eins. Sie freuten sich alle sehr und aßen es mit sichtlichem
Vergnügen, als sie ihren Wohnwagen – sie hatten einen Klappwagen – abgebaut
und alles verstaut hatten. Bevor sie aufbrachen, kamen sie und verabschiedeten
sich per Handschlag, sie und wir winkten uns lange zu, als sie wegfuhren, als
wenn wir uns schon ein Leben lang gekannt hätten. Wieder Menschen, die Freunde
hätten werden können, verloren. "Zuchinien", die
aber nicht grün sind
Einen Tag bevor unsere
griechischen Nachbarn fortfuhren, also Freitag, fuhr ich mit dem Fahrrad in der
Früh – ca. 9.00 Uhr zum Einkauf in das Städtchen Paläa Epidauros, wie schon
öfter. Heute erstand ich unter anderem Zuchinien, aber seltsam, die waren gar
nicht grün, sondern rot bis lila. Ich verkündete Erika, als ich zu „Hause“
angekommen war und sie aufgewacht war: Heute gibt es zum Abendessen
Zuchinien-Salat. Wir essen übrigens immer erst zum Abend warm. Ich fügte
fragend hinzu: „Erika, hast du schon mal lila-rote Zuchinien gegessen?“ Ich
wunderte mich, dass Erika zu lachen begann. „Das sind sicher Auberginen“,
meinte sie. Da fiel mir ein, dass diese lang gestreckten Gemüseteile wirklich
mehr Ähnlichkeit mit den auch mir bekannten rundlicheren Auberginen als mit den
Zuchinien hatten. „Und wie mach ich die zu einer essbaren Mahlzeit“, stöhnte
ich. „Füllen mit gehacktem Fleisch,“ war die kurze Antwort Erikas. „Woher
kriege ich Fleisch?“ „Kaufen,“ antwortete Erika lakonisch. „Aber –
jetzt noch einmal ins Dorf fahren?“ wehrte ich ab. Jetzt war guter Rat teuer.
„Braten,“ war noch ein Vorschlag von Erika. Das kannte ich ja auch nicht.
„Ich habe doch so viele Saucen mitgenommen.“ Das war der Rat gleich zweier
Vertreter des weiblichen Geschlechts gewesen (Danke G. M. und S. S., ihr
seht ich bin ein gelehriger Schüler!): „Mit Saucen könne man vieles
schmackhaft machen!“ Was ich anrichten wollte für das Abendessen, stand damit
fest. Das Wie musste ich erst ausprobieren. Ich habe es hinbekommen. Und da es
gut geschmeckt hat, haben wir es gleich noch einmal essen dürfen, und in
Deutschland nach der Ankunft in Erinnerung an Griechenland ein drittes Mal –
mit griechischen Auberginen, die wir mitgebracht hatten. Das V-Rezept
(V für Verlegenheit) für 2
Personen: 2 längliche Auberginen in cm-große Stücke schneiden und mit Wasser
bedeckt 3-5 Minuten kochen. Die angekochten Auberginenstücke abgießen – die
Flüssigkeit auffangen in einem Messbecher. Die Auberginenstücke in eine Schüssel
geben. Den Messbecher auffüllen bis zu der Hälfte der auf der
Fertig-Suppen-Packung angegebenen Flüssigkeitsmenge – je neutraler die
Fertig-Suppe ist, desto mehr kommt der Geschmack der Auberginen heraus. Die Flüssigkeit
des aufgefüllten Messbechers in den Topf zurückkippen und aufwärmen, 2
Schmelzkäschen unterrühren. Nach Auflösung die gestückelten Auberginen
hinzugeben und das Ganze ein paar Minuten aufkochen, bis die Auberginen weich
sind. Über Reis geben. Wenn man so verfährt, benötigt
man für die Herstellung der Sauce mit den Auberginen nur 1 Topf und 1 Schüssel.
Einen weiteren Topf für den Reis im Beutel. Kochzeit habe ich immer durch einen
Dampfkochtopf fast halbiert. Das alles geht schnell und hat den Vorteil, wenig
spülen zu müssen! Das ist ja beim Campen besonders wichtig. Zum
Nachtisch gibt es frische Apfelsinen. Ein Nachbar hat von den paar Apfelsinen, die
er selbst geschenkt bekommen – eigentlich wollte er von den griechischen Pflückern welche
kaufen, die ihm die dann schenkten - Erika welche mitgegeben. Ja die Griechen
sind schon ein freigebiges Volk.
Samstag, 29. August. Wir haben zunehmenden Mond, leichte Wetterveränderung, am Nachmittag leichte Dunstwolken, seit Tagen nicht mehr so heiß. Zum ersten Mal verschwindet die Sonne für Sekunden. Furcht, dass sie ganz geht und Regen kommt und Hoffnung, dass es nicht mehr so heiß sein wird, treffen sich. Etwas vom Tagesablauf
Als
ich heute am Sonntag aufwache, doch wieder strahlend blauer Himmel. Es 7.15 Uhr, wir
sind schon über acht Tage hier. Eigentlich sollte es ja nach der Fahrt nach
Epidauros weitergehen, aber wir haben unseren Zeitplan über den Haufen
geworfen. Wir bleiben noch ein paar Tage hier. Es ist hier so schön unter dem
Blumendach. Ich
versorge Erika, gehe zum 10 m entfernt liegenden Waschhaus, rasiere meinen
Viertage-Bart, bringe meinen Schneuzer auf eine einheitliche Linie – meine
Frau meint übrigens von der Seite sehe ich wie ein Seehund aus. Ob das ein
Kompliment ist? Glaube ich nicht! - Stutze die Kopfhaare noch einmal um 1 cm und
gehe wie jeden Morgen schwimmen, allein (am Nachmittag bzw. Abend, meist nach 17
Uhr fährt Erika mit und schaut zu, wie ich rückwärts schwimme). Danach
schreibe ich eine gute Stunde an diesem Bericht. Dann lege ich mich in die
Sonne, 10 Minuten den Rücken und 10 Minuten die Vorderseite braten, wie beim
Schnitzel, dann wird Erika gewaschen und das Frühstück vorbereitet. Danach
Erika angezogen und nach draußen in dem Rollstuhl, den ich vor der Tür
bereitgestellt habe, zum Frühstückstisch gebracht. Es ist inzwischen ca. 11.30
Uhr. Tisch decken (oft habe ich das schon vorher erledigt) und frühstücken.
Zum Ende des Frühstücks hin Beginn mit dem Lösen der Kreuzworträtsel. Wir
haben eine ganze Sammlung von Heften mit Rätseln für den Urlaub erworben. Ca.
14 Uhr Mittagsschläfchen. 15.30 Uhr Nachmittagsmahl für Erika bereiten:
Yoghurt, klein geschnittenes Obst und Kakaotrunk, dem an manchen Tagen, wenn
Erika nicht genug isst, ein Aufbaumittel – Palenum – zugesetzt wird, damit
sie auf ihre Kalorien kommt. Man schmeckt dieses Mittel kaum. Am Nachmittag und
Abend vorlesen. Ein Buch haben wir schon geschafft: „Die Frau und der Affe“
von Hoeg. Ein gewisser Pleonasmus im Stil, Hang zur Akribie und zum
Perfektionismus in der Beschreibung stören beim Vorlesen, in der Geschichte
klingen viele aus Affen-Spielfilmen bekannte Themen an, aber der
Geschehnisverlauf ist neu konstruiert, spannend ab 2. Drittel wie auch die Lösung,
insgesamt durch einen irrealen Touch eine Nähe zum Genre Zukunftsroman. Ab
heute lesen wir „Einmal den Traum erleben“ von B.T. Bradford (nicht das Buch
von Simmel!). Viele Einzelheiten werden dem Zuhörer mitgeteilt, viele
Reflexionen stellen die Hauptpersonen an. Das Geschehen – eine
Liebesgeschichte mit überraschenden – oder vielleicht auch nicht - Wendungen,
selbstaufopfernd-schicksalhaft endend, aber für alle Beteiligten zufrieden
stellend. So sollte ja auch eine Liebesgeschichte in der Literatur enden. In
Wirklichkeit sind Lösungen in Liebessachen sicher nicht so einfach vom
Schicksal eingefädelt. Etwas vom Wetter
Heute
erfahren wir aus einem Telefonanruf über unser Handy, dass es in der Heimat
kalt ist und regnet. Wir können nicht klagen: die Nacht hat immerhin 28°,
Hoffnung auf einen sehr warmen Montag ohne Regen besteht. Mo
31.8. Heute die Überraschung: Als ich am frühen Morgen zum Schwimmen gehe,
sind einige der um die Bucht liegenden Berge mit Wolken, einige davon sehr
dunkel – Regenwolken ? – , umhüllt. Regen folgte nicht, aber neben dem
Stromausfall über drei Stunden am Morgen war heute zum ersten Mal wiederholt
totaler Sonnenscheinausfall über viele Minuten. An Stelle per Computer zu
berichten, plane ich schon mal die genaue Weiterreise bis nach Sparta, in die
Mani im Süden des Peloponnes und dann Richtung Olympia über die Westküste. Ich
schreibe mir alle Orte und Abzweigungen, die ich nicht fahren will und die ich
fahren will, auf. Aber bis nächste Woche Dienstag bleiben wir noch hier. Also
noch gut 8 Tage. Wir
beginnen heute ein neues Buch: Der Pferdeflüsterer. Das kleine Theatron bei Paläa EpidaurosFreitag,
4. September 1998. Es kühlt in der Nacht auf 20-21° ab. Das ist von einer
Nacht auf die andere gekommen. Vorher waren es noch 28,5°. Heute
waren wir in der Stadt Archäa Epidauros. In der Rezeption hatte ich erfahren,
dass wenige hundert Meter vom Campingplatz entfernt ein kleines Rundtheater
liegt, in dem früher die griechischen Königinnen Aufführungen vorgeführt
bekommen hätten. Heutzutage seien jeweils im Juli Konzertaufführungen mit
klassischer Musik dort. Beim Einkauf mit dem Rad hatte ich den Weg dorthin
ausgekundschaftet. Es lag an einem kleinen Hügel, dessen Steigung aber gut mit
dem Rollstuhl zu schaffen war. Heute
waren wir da. Knapp 400 m weit war wohl der Weg. Es werden da auch noch
Ausgrabungen gemacht. Der Trupp der Archeologen war auch heute aktiv. Deshalb
ist dort auch nicht möglich hineinzufahren. In diesem kleinem Theater das sich
an einen kleinen Berg anschmiegt, war die erste Sitzreihe relativ gut erhalten,
sogar die Rückenlehnen. Es ist wirklich im Vergleich zu Epidauros, wohin wir
vorige Tage mit dem Taxi gefahren sind, sehr, sehr klein. Oben auf dem Berg,
hinter dem Theater, liegt auch noch ein Artemistempel, ein Tempel der
griechischen Göttin des Waldes und der Tiere. Der Weg dorthin war mir einfach
zu steil. Man muss den Weg, den man bergan fährt ja auch immer wieder mit dem
Rollstuhl abwärts fahren. Da muss man sich schon mitunter mächtig ins Zeug
legen, um dem Rollstuhl Einhalt zu gebieten, sich einfach mit dem Insassen davon
zumachen, und konzentriert und
zuverlässig balancieren, da der Rollstuhl nach hinten gekippt werden muss,
damit der, der geschoben wird, nicht nach vorn wegrutscht. Für Madam
Anschließend wollte Erika noch ins Städtchen. Sie wollte doch sehen, wo ich alle paar Tage Obst, Gemüse und Kuchen, Brot und Eis einkaufte. Bis zum kleinen Geschäft – einem richtigen Tante-Emma-Laden -, in dem es auf engstem Raum fast alles zu kaufen gab, waren es vielleicht noch 300 m. ich wollte ein Foto machen, auf dem Erika mit dem Rollstuhl vor dem Laden stehen sollte. Also schob ich Erika vor den Laden. Aber es war mir zu dumm, nichts zu kaufen. Nektarinen hatten wir nicht mehr, also suchte ich ein paar nicht zu reife Früchte von den Nektarinen aus, die in einer Kiste vor dem Laden lagen, und ging hinein, um zu zahlen. Eine alte Frau, ich meine man konnte ihr die Griechin ansehen, die immer im Laden bediente, stand hinter der Ladentheke. Sie wog, tippte den Preis ein, damit ich die Summe sah, verstehen konnte ich sie ja nicht. Während ich das Geld auf den Tisch legte, öffnete sie die Kühlbox und holte etwas heraus. Legte es auf die Ladentheke . „Madam“ sagte sie und zeigte nach draußen. Es waren zwei Apfelsinen – unter Garantie griechisch und frisch vom Baum. Ich bedankte mich: Ephcharisto! Ich fand es sehr lieb. Man merkte, es kam von Herzen. Auch Erika freute sich sehr über die liebe Gabe. Es waren sehr leckere, süße, saftige Früchte, wie wir lange keine gegessen hatten. Ihr seht, die Frauen verhalten sich
immer gleich, sie sind sehr freigiebig mit Obst. Eva mit dem Apfel, das habt ihr
doch wohl nicht vergessen? Erika gab mir eine von den Apfelsinen mit. Auch ohne
Überredungskünstlerin Schlange hab ich sie angenommen. Na, ich war ja
auch schon nicht mehr im Paradies. Makronenzwiebäcke
Erika
wollte noch mehr von Alt-Epidauros sehen. „Ich bin begeistert, dass du so viel
unternehmen willst,“ sagte ich ihr. Sie wollte wissen, wo ich den leckeren
Kuchen vorige Tage gekauft hatte, der so himmlisch süß gewesen war. Ich hatte
nach meiner Ansicht gebackene Feigen mit Nüssen gekauft. Doch das „Obst“
entpuppte sich als zuckriger Blätterteich. Nur die Nüsse waren echt. Schon
nach wenigen Metern konnte man das Schild sehen: Bakery. Der Laden war an dem frühen
Morgen fast leer. Wir entdeckten Apfelkuchen, der auf einer Ofenbank oder
genauer auf einer Ofenbank ähnlichen niedrigen Herdplatte stand. Also heißer
Kuchen. Wir kauften davon. Dann entdeckte ich Makronenzwiebäcke. Ich war
begeistert. Erika auch. Wie lange hatten wir keine solchen Gusszwiebäcke
gegessen. Als die Kinder noch klein waren, so erinnere ich mich, gab es die öfter.
Acht Zwiebäcke zeigten wir mit den Fingern. Wir wollten uns so richtig daran
satt essen. Den Apfelkuchen konnten wir ja morgen essen. Aufgewärmt im Kochtopf
auf Gas. Ich
erklärte Erika noch, wohin die Straße führte und wo ich ihren Schmuck-Anhänger
gekauft hatte. Dann machten wir kehrt und gelangten guter Dinge im Camp an. Wir
frühstückten, aber im Grunde dachten wir an den Nachmittag, an dem es die
Zwiebäcke mit Kakao geben sollte. Kaffeezeit!
Kakaozeit! Erika lag draußen auf ihrer Liege. Ich bereitete alles vor, holte
unser kleines rundes Beistelltischchen aus Plastik – ca. 30 cm Durchmesser,
stellte Kakao, Yoghurt, Honigmelone und die gekauften Zwiebäcke darauf und
brachte es an Erikas Liege, zog meinen Campingstuhl heran und sagte: „Ich muss
unbedingt erst die Makronenzwiebäcke probieren,“ und biss herzhaft hinein.
„Oh, Erika,“ stöhne ich auf, „Kümmelzwiebäcke! Wir haben heute Morgen Kümmelzwiebäcke
gekauft.“ Aber wir hatten ja noch den Apfelkuchen. Die Kümmelzwiebäcke haben
wir später aus Griechenland nach Deutschland mitgenommen. Die Frage ist nur: „Wer
isst sie hier in Deutschland?“ Campinggebühren bezahlen
Um
die Gebühren für den Liegeplatz am Ende unseres Aufenthaltes in Niklas I zu bezahlen, musste ich einen Teil meiner Traveller-Checks einlösen.
Doch in der Campingrezeption konnte man nur DM einwechseln, keine
Traveller-Checks. Ich bekam die Information, das könne man außer auf der Bank
auch im Postamt. Auf zum Postamt, denn das lag im Städtchen. Natürlich mit dem
Fahrrad. Beim
Bezahlen der Campinggebühren dann bedanke ich mich beim Campingchef für die
Freihaltung des benachbarten Platzes und für die Organisation des Taxi. Der
Leiter, der fließend deutsch spricht, antwortet bescheiden: „Man tut was man
kann.“ Man kann vieles. Das hat er gezeigt. Kosten
für eigentlich 2 Plätze 62 000 GrD. Es gibt 20 % Ermäßigung. Wir waren 17
Tage in Niklas I. Abschiedsgeschenk Als
ich am späten Abend vor unserem Abfahrtstag (Dienstag, 8.9.1998) von
Alt-Epidauros den Rollstuhl als Letztes in das Wohnmobil stellen will, finde ich
ein Geschenk auf dem Sitz. Wir sind überrascht und erfreut. Haben wir eine
kleine Gegengabe? Wir nehmen eine von unseren Holzblümchen und bedanken uns am
nächsten Morgen. Abfahrt von Alt-Epidauros nach SpartaAufbruch.
Wir
fahren zunächst dieselbe Straße, die uns das Taxi fuhr, als wir nach Epidauros
gebracht wurden. Dann geht es durch das Gebirge. Gewaltige Serpentinen, steil
und die nicht enden wollen. Neben uns der Abgrund. Endlich haben wir den Pass in
Richtung Tripolis erreicht. Mistras bei Sparta
Mittwoch,
9.9.98. Gestern sind wir auf dem Campingplatz „Castle View“ angekommen.
Unterwegs, auf dem Weg und bei der Suche nach „Castle View“ kamen wir an dem
Campingplatz „Mistras“ vorbei. Auf der Einfahrtsstraße fegte ein Mann das
Laub weg. Übrigens war in dieser Gegend schon sehr viel Laub von den Bäumen
gefallen, manche Bäume standen fast kahl da. Das stellten wir auch später auf
unserem Zielplatz fest. Für uns war das schon eine interessante Feststellung,
da wir angesichts des üppigen grünen Blattwerkes in Alt-Epidauros den
Platzwart noch gefragt hatten, ob es hier im Winter auch blattlose Bäme gäbe.
Sein „Ja“ konnten wir kaum glauben. Zurück! Der laubfegende Mann winkte uns zu hineinzufahren, als wir unser Tempo verringerten. Aber ich wollte nicht auf den Campingplatz "Mistras". Ich dachte nur, der wird sich, der muss sich hier auskennen. Also hielt ich an, schob das Seitenfenster nach vorn und fragte nach Castle View. Doch da dreht sich der Mann weg, ohne etwas zusagen. Mann kann es verstehen., dass er keinen anderen Campingplatz vermitteln will. So fahren wir weiter, in der Hoffnung, dass Castle View noch kommt. Dort nämlich wollten wir halten, da im ADAC-Campingführer stand, dass dieser Campingplatz näher an den Resten der alten Stadt Mistras, der Ruinenstadt, liege, dass man von diesem Platz aus das Castle Mistras sogar sehen kann. Das stimmte. Auf die Burg würden wir wohl kaum kommen, dachte ich. Wenn wir schon nicht hinauffahren konnten – so schien es uns – wollten wir wenigstens eien Blick auf diese alte Stadt haben. Als wir im Camp waren schien, sich dieser unser Eindruck zu bewahrheiten. Die Burg und alle anderen Gebäude schienen unerreichbar, weil sie so hoch lagen. Heute Morgen
habe ich von Campern, die aus Senden kommen – ja der Umkreis Münster ist stark vertreten, auch
ein Coesfelder ist hier -, gehört, dass man auf den Berg zur Geisterstadt auch
mit dem Taxi fahren kann. Sofort
habe ich in der Rezeption nachgefragt. Es klappt. 11.15 Uhr geht es schon los.
Die Taxi kann nur bis zum Haupttor fahren, da gebe es
Schwierigkeiten. Aber es wird telefonisch arrangiert. Vom Eingang an wird einer
helfen, die Treppe mit dem zu erklimmen Ja,
das waren Stufen! Muskelkater hatte ich am nächsten Tag!. Wir haben,
obwohl wir ja nur bis zur Mitte kommen einen guten Einblick und Überblick über
die Anlage der Stadt und der bauweise. Überall liegen Steine herum. Unvergessen
bleibt mir der Ausspruch von Erika, die plötzlich sagte: "Guck, mal Winfried,
so viele Steine, das wär was für unsere Krippe. ". Weiter nach Süden
Unser
nächstes Ziel ist Githio. Diesen Namen, so stellen wir später fest, gibt es in
vielen Variationen. Es ist wohl so, dass nicht nur die Unterschiede der
Schreibweise zwischen den einzelnen Nationen (Venedig deutsch, Venetia
italienisch, Venice griechisch), sondern auch die andersartigen griechischen
Buchstaben diese verschiedenen Namen fördern. So findet man auf den Landkarten
Githion. Im ADAC-Campingführer steht Gythion. Auf den griechischen Postkarten
auch noch Gythio. Auf den Straßenschildern auch Gytheion, und das dann evtl. in
Griechisch :GUFEIO
(Großbuchstaben) oder Gufeio.
Oft habe ich bei Hinweisschildern gestutzt und musste mir immer wieder in
Erinnerung rufen, dass es von jedem Namen Variationen gibt, und man doch auf der
richtigen Straße mit dem richtigen Ziel fährt. Das ist auch mit dem Namen der
Geisterstadt so gewesen, wo wir gestern waren: Mistra, Mistras, Mystra, wenn es
auch hierbei nicht so Extrem war ist wie bei Githio. Wir
fahren gegen 10 Uhr von dem Campingplatz „Castle View“ ab, durch Sparta, in
den Süden. Es gibt nur diese größere Straße in den Süden, die nach Githio führt.
Es ist Donnerstag, 10.9.98. Wir haben noch gut 8 Tage für unsere Rundreise. Die
Straße ist relativ gut zu fahren. An einigen Stellen wird gebaut. Steigungen
sind auch hier vorhanden, aber wir sind ja jetzt schon einiges gewohnt. Kurz vor
14 Uhr kündigt sich Githio an. In
Githio, einem Städtchen mit einem ulkigen Kreisverkehr – man hat das Gefühl,
man wird hier herumgeführt, damit man auch alles mitbekommt – taucht plötzlich
eine Straßengabelung auf, die auch unmittelbar davor einen Richtungsweiser hat:
die Straße geradeaus ist nicht einsehbar, ist aber - so stellt sich später
heraus - die Durchfahrtsstraße, links führt eine Straße weiter, die zwei
Bahnen mit einem Mittelstreifen aus Rasen bzw. Bäumchen hat. Welche soll ich
nehmen? Weil die linke Straßenführung zwei Fahrbahnen hat, entscheide ich mich
für sie. Aber die Entscheidung war auf jeden Fall falsch. Als ich abgebogen
bin, erkenne ich hinter dem Gabelungsschild rechts am Straßenrand einen
Hinweis, dass sie nur bis 1,5 t befahren werden darf – unser Wagen hat aber
3,5 t. Aber vor mir fahren größere Wagen, entgegen kommen mir auch welche. Man
nimmt in Griechenland nicht alles so ernst. Ich stelle fest, dass die Straße
durch die rechts parkenden Autos sehr eng ist. Langsam tuckere ich durch den
Rest der Straße und tröste mich, dass sie nur gut 200 m lang ist. Dann führt
die Straße rechts herum – nach Areopolis. Ich bin wieder auf dem richtigen
Weg. Wir
finden den Campingplatz Meltemi nach knapp 4km. Biegen links ein. Eine Zufahrt,
die nur von einem Wagen befahren werden kann. Ca. 200 m lang. Aber die
Griechenlandfahrer, so hoffe ich, wissen das, dass man eben warten muss am
anderen Ende einer solchen Zufahrt, bis die Bahn frei ist. Wir
können uns auch hier einen Stellplatz aussuchen. Zunächst sehen wir Stellplätze,
die Bäume mit sehr niedrigen Ästen haben, die Plätze kommen nicht in Frage.
Aber kurz vor dem Strand stehen hohe Pinien. Man kann sich denken, hier wollen
viele campen. Wir finden schließlich einen Platz, parken rückwärts ein, der
Nachbar hilft durch Zeichengebung. Der Nachbar ist Deutscher. Der Übernächste
auch. Der auch, der auch. Es ist hier wie auf den anderen Plätzen, die wir
besuchten. Zu dieser Zeit sind in Griechenland wohl fast nur Deutsche . Evtl.
noch Schweizer oder Österreicher. Wir
fahren mit dem Rollstuhl zum Meer. Es gibt hinunter zum Wasser einen Bootsweg
wie in Spanien, der ohne große
Anstrengung mit einem Rollstuhl zu befahren ist. Die Möglichkeit wollen wir öfter
nutzen, doch kommen nur zweimal dazu. Es ist sehr warm, ich bade und Erika sieht zu. Dann kundschaften wir den
Campingplatz aus, kaufen Brot, natürlich auch Eis. In den offenen Räumlichkeiten
des Campingplatzes kann man kochen, mehrere Gasherde stehen im Küchenhaus,
wo man auch Spülengelegenheiten sind. In offenen Hallen mit Dach stehen viel Bänke.
Die Camper können hier ihre Mahlzeiten einnehmen. Davon wird rege Gebrauch
gemacht, häufig sind es die, die in Zelten übernachten. Es fängt an zu regnen. Aber nur einige Tropfen. Wir kaufen ein Buch über die Mythologie der griechischen Götter und die Kulte Griechenlands. Erika ist gut zufrieden und will überall mit hinfahren. Das ist schön so. Ich benötige kein Kabel! In
Githio
Freitag,
11.9.9. Da unsere Vorräte an Obst und Gemüse fast aufgebraucht waren und wir
auch gern einen griechischen Markt sehen wollten, beschließen wir zum Einkauf
nach Githio zu fahren. Der Parkplatz wird das Hauptproblem werden, denn wir
müssen ja mit dem Wohnmobil fahren. Auf dem Hinweg zu diesem Campingplatz kamen wir durch
dieses Städtchen, sodass wir glauben, uns ein wenig auskennen. Andere, die fast
täglich nach Githio reinfuhren, nicht mit dem Wohnmobil, sondern mit dem Roller
oder Motorrad - auf dem Gepäckträger ihres Wohnmobils mitgebracht - ermutigen
uns. Parkplatz gäbe es dort in Githio durchaus, wenn man früh genug aufbreche,
auch die Rezeption des Camps war dieser Meinung. Also wollen wir es wagen. Wir sind in Githio. Stopp im Hafengebiet. Ich halte Ausschau nach einem Parkplatz. Da hält neben mir ein Bulli, der Fahrer hält ein Stromkabel hoch. Es muss ein Außenkabel sein, das man für einen Wagen zum Anschluss an das Stromnetz des Campingplatzes benötigt. Wieso soll ich hier ein Kabel brauchen? Braucht man das hier im Hafen? schießt es mir durch den Kopf. Aber warum? Oder will der Typ mir ein Stromkabel andrehen? Ich kaufe keines. Ich schüttele den Kopf. Er wird am Fenster jetzt fast richtig aufdringlich. Nun werde ich unschlüssig, was soll ich tun? Dann zeigt er auf einen Stecker des Kabels, der offensichtlich zerstört ist, streckt ihn mir entgegen. Er zeigt mit dem Finger darauf und dann auf mich. Ich verstehe nicht. Aber so ein Stecker ist doch auch an meinem Kabel, das ich immer auf dem Campingplatz anschließe, montiert. Das – das ist mein Kabel!? Diese Frage allein füllt mein Gehirn aus und ich wehre mich gegen die aufkeimende Gewissheit. Ja, wirklich! An dem Stecker, relativ klein, weiß, schmuddellig, erkenne ich es. Ich muss mich der Erkenntnis beugen, wenn ich mich innerlich auch noch so wehre. Wieso kommt dieser Autofahrer in den Besitz meines Kabels? Warum hat er mir das nachgebracht, das war oder sollte doch auf dem Campingplatz sein, den wir eben verlassen hatten. Hat der gemeint, ich wäre abgereist und hätte das Kabel auf dem Campingplatz vergessen? Quatsch. Und dann dämmert es bei mir: Ich habe vergessen, das Stromkabel, das das Wohnmobil mit dem Stromnetz auf dem Campingplatz verbindet, aus der Anschlusssäule herauszuziehen. Habe ich das den ganzen Weg bis in Githio hinter mir hergeschleift? Fast 5 km! Ein Kabel, 25 m lang! Daran das Wohnmobil wie ein entlaufener Hund an der abgerissenen Leine. Es gibt nunmehr keinen Zweifel. Es ist das Kabel und so ähnlich muss es wohl gewesen sein! Aber:
Wo
ist das Kabel endgültig aus dem Wohnmobil rausgerissen? Ist ein Wagen über den
Stecker, der über die Straße ratterte, gefahren, hat den Stecker platt
gemacht, und das Kabel ist aus unserem Wohnmobil gerissen worden? Ob es so
wirklich war? Ist denn an meinem Wohnmobil die Außenzuleitung rausgerissen? Ich
schaue über den linken Rückspiegel den Wagen entlang. Zu sehen ist kein
Kabelende. Nur die Abdeckklappe steht weit offen. Ich mache das Fenster auf und
strecke meine Hände raus, um das Kabel in Empfang zunehmen. Und dabei jagen
meine Gedanken weiter: Wieso habe ich das in dem Wohnmobil noch klemmende Kabel,
das ich hinter uns herzog, unterwegs nicht gesehen, wenn ich in den Rückspiegel
schaute? Man muss überlegen: ein Kabel von 25 m Länge holpert hinter einem
Wagen her. Es haben mich doch eine Reihe Wagen überholt. Keiner hat es gesehen?
Auf jeden Fall hat es mir keiner angezeigt. Was hätte ich wohl
bei meiner Rückkehr auf dem Campingplatz geguckt, wenn das Kabel nicht
dort gelegen hätte. Bestimmt hätte ich im ersten Moment an Diebstahl gedacht. Was
war wohl auf dem Campingplatz passiert? Vielleicht die Steckersäule, aus dem
die Camper ihre Wagen mit Strom versorgen, verbogen? Der ganze Campingplatz
wegen eines Kurzschlusses ohne Strom? Nur nicht weiterdenken! Dann fällt mir
ein: etwa 2 km vor Githio kam dieser Bully, der mir das Kabel nachbrachte,
rechts aus einem Weg. Ziemlich flott, stoppte es erst sehr spät. Ich
hatte nämlich auch gebremst. Der Fahrer hat das Kabel irgendwo aufgelesen,
nachdem es aus dem Anschluss des Wohnmobils rausgerissen worden war. Dieser
nette Grieche im Bulli hat es sogar aufgerollt und mir nachgebracht. Ist mir
bis in den Hafen nachgefahren! Wahnsinn! Ich packe das Kabel wie in Trance. Es
ist bis auf den Stecker heil. Er zieht die Schultern hoch und braust davon. Ich
konnte ihm nicht mal „Danke“ sagen. „So sind die Griechen!,“ saust es mir
durch den Sinn.
Trotz allem Einkauf Wir
waren trotz allem einkaufen. Wir mussten. Die Vorräte waren auf. Deswegen warne
wir ja auch losgefahren. Also auf den
Markt in Githio. Zu ändern war doch nichts mehr. Wir suchten den Markt. Alle
Straßen waren so schlecht, dass wir Kängeruhmarsch machen mussten: der
Rollstuhl wird – wie so oft schon – nach hinten gekippt und nur auf den
Hinterrädern geschoben. Dann bleiben die Erschütterungen und Rütteleien, die
alle durch die vielen Weg-Unebenheiten über die kleinen Vorderräder des
Rollstuhls übertragen werden, weitgehend aus. Wo
war der Markt? Wir mussten fragen. Eine Straße lang war Markt, nicht wie auf
dem „Domplatz“ in der westfälischen Metropole Münster in Deutschland. Aber
ein Riesenangebot. Irgendwie steht uns der Sinn nicht mehr nach ausgiebigen
Marktbesuch. Wir kaufen Obst und Gemüse, hatten zwei Plastiktaschen voll. War
das nicht ein bisschen viel geworden? Es war kaum zu schaffen. Eine Tüte bekam
Erika auf den Schoß, eine hängte ich an das linke „Ohr“ oben an den
Rollstuhl, hielt diese Tüte mit der linken Hand und stützte zugleich leicht den
nach hinten gekippten Rollstuhl, die rechte Hand fasste den Rollstuhl fest.
Damit steuerte ich. Ein paar Mal musste ich auf dem Weg zum Parkplatz anhalten,
nachfassen, meine Hände ausschütteln, ausruhen usw.
Und auf dem Campingplatz? Auf dem Campingplatz, so hatte ich gedacht, würde man uns mit unserem Wohnmobil schon wegen des Vorfalls erwarten. Jedoch niemand guckte auch nur auf, als wir ankamen. Auch die Campingchefin erwartete uns wohl nicht. Obwohl sie gerade den Hauptweg überquerte, als wir zurückkehrten – natürlich mit einer Riesenspannung im Bauch. Sie grüßte nur kurz. Einen Kurzschluss hatte es wohl nicht gegeben. In der Tat. Keiner hatte anscheinend etwas bei unserer Abfahrt nach Githio gemerkt, obwohl das 25-Meter-Kabel auf der linken Seite unseres Wohnmobils, also Mitten auf den Campingwegen mitgezogen worden war. Die Steckersäule war nicht verbogen. Das hatte ich schon von weitem gesehen. Aber vielleicht steckte ein Stück des Steckers, das fehlte, in der Steckdose? Nein, auch nicht. Gott sei wirklich Dank. Auch innerhalb unseres Wohnmobils war kein Defekt entstanden, ergab eine Überprüfung. Trotz allem irgendwie beruhigend. Ich war glimpflich davongekommen. Der teuere, kompliziertere Stecker, der in den Wohnmobil geschoben wird, war heil. Der zerstückelte andere Stecker konnte leicht in der Heimat ersetzt werden. Gut, dass ich noch ein Ersatzkabel hatte. Ich hatte sogar noch ein drittes Kabel mitgenommen. Das hieß aber nicht, dass ich noch einmal vorhatte, das Kabel auszuziehen zu vergessen! Und nach diesem glücklichen Ausgang schmeckte natürlich alles noch einmal so gut: Brot, Käse, Marmelade, Nektarinen, Weintrauben, Honigmelone aus Griechenland. Alles taufrisch! Wir haben geschwelgt und gefeiert, dass wir so ein „Schwein“ hatten. Die Konsequenz aus dieser Gedankenlosigkeit hängt nun am Schrank des Eingangs unseres Wohnmobils: Eine Checkliste, die nun vor jeder Abreise/Wegfahrt Punkt für Punkt abgeprüft wird:
Checkliste
√ Kabel außen einholen √ Unterlegblöcke
zum Niveauausgleich √ Abfalleimer noch draußen?Fußmatten reinholen √ Treppe vor dem Wagen einpacken √ Dachluken schließen √ Fenster schließen √ Schranktüren schließen und prüfen √ Schrankklappen „festklopfen“ √ Kühlschranktür feststellen √ Küchentrakt leer räumen √ Tisch leeren √ Rollstuhl feststellen und anbinden √ Erika gurten (Bett) √ Sicherungsbrett vor das Bett √ Füße abstützen √ Festsitzende
Treppe am Wohnmobil
Nachruf
Aus ihrem Leben Erikas
Gedichte Anekdoten
Veröffentlichungen 48!
Und behindert
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