Die Vorbereitungen
auf die Reise begannen in der Regel jeweils im Januar eines Jahres.
Manches Mal wurde die Reise-Idee schon im Spätherbst geboren. Die Reise
selbst erfolgte etwa ab Juli, aber auch später, z.B. nach Griechenland,
um die hohen Temperaturen zu vermeiden oder, um der Hauptreisezeit
auszuweichen.
An erster Stelle in
der vorbereitenden Phase stand immer die Frage, wo liegt das Land, wohin
wir fahren. Auf einer großen Europakarte, die ich auf eine
Malerstaffelei brachte, wurden die Länder umrahmt und die Städte mit Fähnchen
markiert, welche wir besuchen wollten. Es waren immer nur wenige
Besichtigungsorte, die wir aussuchten, da es immer problematisch war,
mit dem Wohnmobil in die Stadt zukommen. Von den städtischen Parkplätzen,
die manchmal für Reisemobile angeboten werden, ist es oft noch sehr
weit bis zu den sehenswerten Plätzen und Gebäuden, so dass eine solche
Möglichkeit für uns nicht in Frage kam. So mieteten wir manchmal der
Einfachheit halber ein Taxi, das uns vom Campingplatz dann in die Stadt
brachte, z.B. nach Athen. Wir trafen in der Regel sehr freundliche
Taxifahrer, die z.B. bereitwillig den Rollstuhl einpacken halfen, die es
erreichten, dass wir direkt bis vor den Besichtigungsort
Zufahrt erhielten, also eine Ausnahmeregelung erreichten, oder
auf Handyanruf hin innerhalb von zehn Minuten uns wieder von dem Ausflugsort
abholten.
Schon meistens im
Februar nahm ich Kontakte mit den Campingplätzen und mit den städtischen
Verkehrsvereinen oder Informationsstellen auf. Zu den Infos, die ich auf
diesem Weg bekam, suchte ich nach Prospekten, las in Reiseführern und
bat um Ausarbeitung unserer Reisen bei Autoclubs. Da meine Frau und ich
in unterschiedlichen Autoclubs Mitglied waren, bekamen wir auch
unterschiedliche Schwerpunkte bei den Informationen, natürlich auch
identische. All diese Informationen gab ich an meine Frau weiter,
besprach sie mit ihr, las ihr vor. Wichtige Gegenstände oder Infoblätter
wurden im Schlafzimmer oder im Wohnzimmer, wo meine Frau lag, aufgehängt.
Schon sehr früh –
d.h. viele Wochen vor der Reise – begannen wir zu überlegen, was wir
alles mit nehmen wollten bzw. mussten. Für alle Dinge entstanden Listen
(vgl. Anhang), für die Kleidung, für die Ausrüstung zum Campen, für
das Schwimmen, behintertenspezische Gegenstände, für Werkzeuge, für
Hygiene, für die Übernachtung, für Medikamente, für den täglichen
Gebrauch. Das erste Mal reisen mit einem Wohnmobil oder auch mit einem
Wohnwagen heißt einen neuen Haushalt einrichten von dem Essbesteck über
Besen bis zum Nähetui. Die ersten Listen, die wir zusammenstellten für
unsere erste Reise, wurden jedes Jahr ergänzt; die notwendigen
Korrekturen oder Zusätze fielen uns während der Reisen oft auf, wurden
notiert und nach der Reise in der Liste nachgetragen. Während der Reise
entstanden dann noch Listen, die aus der momentanen Erfahrung
entstanden, z. B. die Überprüfung des Wohnwagens unmittelbar vor
Antritt jeder Reise, z.B. Dachluken geschlossen? Oder vor Abfahrt vom
Campingplatz, z. B. Stromkabel eingeholt? Hatte ich meine Listen, hatte
meine Frau ihr Gedächtnis, das zu Beginn der Krankheit einen absoluten
Ausfall zeigte, aber – entgegen der Meinung vieler Experten – nach
Jahren noch immer zunahm. So wurde meine Frau in Laufe der Reisen eine
immer bessere Hilfe. Z.B. fragte sie jeweils bevor wir losfuhren: Sind
die Luken zu? Sind alle Fächer gut verschlossen u.a.?
Die
Erlebnisse auf der Fahrt wurden wiederholt besprochen. Die Namen der
angefahrenen Orte bzw. Städte wurden in großer Schrift auf Zettel
fixiert und an eine Schranktür, die Erika gut von ihrem Bett aus sehen
konnte, in der Reihe des zeitlichen Ablaufes angebracht. Auf diese
„Wandtafel“ wurde öfter hingewiesen, aber Erika benutze sie auch
von sich aus zur eigenen Orientierung, denn diese Wörter in großer
Schrift konnte sie lesen. Was ihr Schwierigkeit bereitete, waren lange
Texte, weil diese eine längere Konzentration erforderten.
Über
jeden unserer Urlaubszeiten schrieben wir einen Bericht, der für Erika
den Zweck hatte, das Gesehene, die Ereignisse und das Erlebte nicht zu
vergessen, die Erinnerungen zu ordnen und zu einem Ganzen
zusammenzubringen. Wir begannen den Bericht über unsere Reise schon
etwa in der Mitte des Urlaubs auf dem Laptop, das wir mitgenommen
hatten, zu schreiben. Meine Frau erinnerte an die Ereignisse, ich
schrieb, da meine Frau ihre wirklich treffliche Art zu formulieren
leider infolge des Schlaganfalles verloren hatte. Ich las aber immer den
geschriebenen Satz oder Abschnitt – manchmal auch zweimal, wenn sie es
hören wollte – vor. Dabei achtete sie sehr auf gute Formulierung und
innere Logik – das wiederum konnte sie - und machte Korrekturvorschläge,
die ich natürlich gern annahm. Am folgenden Tag las ich ihr den Bericht
oder, wenn er sehr angewachsen war, wichtige Teile vor. Meine Frau
konnte sich in der Regel nicht satt an solchen Wiederholungen hören.
Daran ist auch abzulesen, welchen Stellenwert unsere Reisen, aber
vielleicht auch, welchen Stellenwert unsere gemeinsamen Erlebnisse in
ihrem beeinträchtigten Leben hatte. Diese Reiseberichte wurden auch
gern von unseren Freunden und Bekannten gelesen. Heute stehen sie im
Internet (www.rose2000.de/)
Es
wurden Fotos gemacht., die natürlich erst später - eben nach der Reise
– entwickelt werden konnten. Eine digitale Kamera hätte uns gute
Dienste leisten können, jedoch war diese damals noch sehr teuer. Mit
den Bildern und den erwähnten Reiseberichten wurden die Reisen daheim
nachbereitet. Erika nutze zu Hause gern diese Möglichkeiten, sich an
die Reise zu erinnern.
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