Die Schaukel" und die Liebe, ein wunderschönes Thema.  Wer Liebe in der Schaukel erlebt, kann nur noch schwärmen. Happy Birthday, Erika!

 

   
   

  
  
Die Schaukel  

Zum Geburtstag meiner verstorbenen Frau, 13.12.35

Ich hab ein Foto von Dir in meiner Hand.

Du sitzt auf einer Schaukel im Meeressand.

Ich streichle mit dem Finger dein Gesicht, dein Haar,

und erinnre mich genau, wo dieser Sandstrand war.

 

Ein paar Jahrzehnte ist es her,

wir machten Urlaub, am Mittelmeer.

Es war in Frankreich, in Leucate,

wo es diese Schaukel gab.

 

Heimlich schaukelten wir. Wie die Kinder

 trieben wir die Schaukel rauf  und nieder,

jeden Abend, wieder und immer wieder,

mit großer Lust noch höher, noch geschwinder.

 

Leise stöhnte unter Sternen das Gewinde

ob unsrer beider Last im dunklen Abendwinde.

Du auf meinem Schoße, eng an mich gedrückt,

rittlings, die Schwerelose hatte dich verzückt

 

Wenn die Kinder  jauchzten laut am Strand,

tagsüber, in der Schaukel schwebend,

schauten wir vor Erwartung bebend

zu, verträumt und stumm, Hand in Hand.

 

Immer wenn der Abendwind sein Spiel begann,

blitzten deine Augen mich voll Erwartung an.

Wenn im Dunkel wir die erstem Sterne konnten sehen, 

sprachen wir aus einem Munde: „Komm, wir gehen!“

Der letzte Abend! „Überraschung,“ hör ich, leise  „los!“

Du klimmst auf mich, ich fühle deinen samtnen Schoß.

Ewigkeit in Stunden schenkte jene Nacht,

die liebkosend, schaukelnd wir verbracht.

 

Das Schicksal schlug. Seitdem ist´s viele Jahre her.

Rollstuhl und Erinnerung trieben uns zurück ans Meer.

Ich steh am Wasser, halte deine Hand.

Wir erinnern uns. Sie hier doch stand.

 

Mit unsern Augen suchten wir das Ufer ab

nach unserer Liebesschaukel von Leucate.

Doch, wo einst die Schaukel stand,

war nichts, lag nur noch feiner Sand.

 

Man brauchte Platz am Meeresrand,

zum Sonnen war zu wenig Strand.

Ich sitz rittlings auf deinem Rollstuhl, deinem Schoß.

Unter Tränen flüsterst du: „Überraschung!“ Doch kein `los´.

  

Ich halt das Foto von Dir  immer noch in meiner Hand.

Seitdem du im Rollstuhl warst mit mir an diesem Strand,

ist Jahr um Jahr vergangen,  die Welt wurd´ arm und leer.

Du bist gegangen, weilst bei mir nicht mehr.

 

Es seufzt in meinen Träumen nachts die Schaukel im Gewinde

von Höhenflug mit Liebestaumel beim kühlen Abendwinde.

Ich streichle mit dem Finger dein Gesicht, deinen Mund, dein Haar.

Das Liebesschaukelmärchen, vorbei! Und bleibt doch wahr.

 

© Winfried Kerkhoff  Nov. 2002


  

  

  

 

 

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