Diese Seite ist eine Liebeserklärung an meine Frau, Lebensgefährtin und Geliebte. Sie wurde am 13.12.1935 geboren und starb nach 16-jähriger Lähmung am 24.3.2000.     

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Aus dem Leben von Erika Kerkhoff geb. Löchte
Zusammengestellt von Winfried Kerkhoff

 

Maikäfer

             

Es ist Maienzeit. Ein wunderschöner sonniger Sonntag in der Frühe. Erika und ihre Schwester sind auf dem Weg zur Kirche. Ein Fußweg von mindestens 20 Minuten.

Die beiden Schwestern biegen auf die 

Hauptstraße. Eine wunderbare Lindenallee. Das helle frische Grün leuchtet. Später  haben diese Baumriesen leider dem Ausbau der Straße weichen müssen 

"Da!" ruft Erika und zeigt auf den Boden. "Ein Maikäfer!" "Quatsch!" antwortete ihre jüngere Schwester. "Es ist doch erst Anfang Mai! Und wenn, was willst Du damit! Wir müssen zur Kirche!" Nun waren damals Maikäfer noch nicht Mangelware wie heute in manchen Jahren, aber dennoch waren sie ein wertvoller Besitz, wenn man einen fand. Es gab da Rotkäppchen, die eine rote Brust hatten, Müller wie mit Mehl gepudert und und. "Den nehme ich mit!" "Und wie und worin?" fragt Erikas Schwester. Da gab es keine Diskussion. Erika wusste es schon. Im Kleid war doch eine Tasche. Und nachher, wenn sie zu Hause waren, würde sie einen Kasten suchen und frisches Maigrün darein tun, damit der braune Geselle was zu fressen hatte. Sie holte das Taschentuch aus der Tasche, steckte den Käfer, der noch steif von der morgendlichen Frische war - deshalb war er auch wohl vom Baum gefallen -, hinein in die Tasche, breitete das Taschentuch darüber, schob es in alle Lücken, damit es dicht abschloss, und weiter ging es zur Kirche. Es wurde Zeit. Zu spät zum Gottesdienst zu kommen war immer peinlich.

Der Gottesdienst verlief wie gewohnt - zunächst. dann hörte Erika Unruhe hinter sich. Sie drehte sich und entdeckte, dass hinter ihr Nonnen saßen, die tuschelten und verstohlen lachten. Na so was! Eigentlich sollten doch Nonnen in der Messen beten! Sie schaute sich noch mal um, ob sie sich nicht getäuscht hatte. Nein, nein! Sie gaben jetzt ihr sogar Zeichen. Was die wohl wollten?  Da! Etwas krabbelte im Nacken? Unter den langen Haaren? Sie griff danach und fühlte ein kleines Tier! Huh! Ach, der Maikäfer etwa? Sicher, der war in der Tasche aufgewärmt worden , aufgewacht und war aus seinem unsicheren Gefängnis - Tasche mit Taschentuch -  entwichen und über das Kleid bis zum Kopf geklettert. Er brauchte ja eine hohe Stelle zum Abheben. Daher also das leise Gekicher der Schwestern hinter ihr! 

Aber der Maikäfer war so ohne weiteres gar nicht aus den Haaren zu lösen. Die kleinen Beinchen mit den Häkchen, mit denen der Käfer sich an dem Blattwerk fest hält, wirkten hier wie schlimme Widerhaken. Die Nonnen mussten helfen. Ein Gottesdienst mit lustiger Einlage, der Herrgott wird geschmunzelt haben. Lächelnd gab eine Nonne Erika den Übeltäter zurück. Für den Rest des Gottesdienst musste er sicherer verstaut werden. Erika rollte den Käfer in das Taschentuch, klappte die Enden um und schob alles in die Kleidertasche. Na, das hätte ich sogleich mal so machen sollen, dachte sie, dann wäre der ganze Zirkus vermieden worden. Aber ich hätte kein nettes Andenken an Erika gehabt.

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