Etappen
eines Lebens
Aus
dem Leben von Erika Kerkhoff geb. Löchte
Zusammengestellt von Winfried
Kerkhoff
Nach
dem Krieg
Die
glückliche Zeit wurde jedoch ein wenig getrübt, als die Schule 1946 wieder
nach dem Krieg begann. Nun mussten die beiden Mädchen weit über eine Stunde
laufen, ¾ Std. bis zur Stadt und dann noch eine halbe Stunde bis zum anderen
Ende, wo die Schule lag. Kinderschritte sind halt kleiner als die eines
Erwachsenen. Hinzu kam, dass nun auch Soldaten der Alliierten überall
stationiert waren, bei deren ungewohnten Anblick die beiden Mädchen, denn auch
die Schwester ging mittlerweile in die Schule, sich ängstigten. Da half
auch nicht, dass diese Soldaten den Kindern Schokolade schenkte, wie
Erika berichtete. Schokolade und viele andere Sachen, die die Soldaten
verteilten, hatten manche der jungen Kinder noch nie gesehen, geschweige denn
gegessen. Morgens sammelten sich die Kinder aus der Umgebung und gingen
gemeinsam zur Schule, aber nach Schulschluss passte das nicht immer. So gingen
die beiden Mädchen oft allein auf den Weg nach Hause, dem Heidehof. Sie hatten
schon Angst, wenn sie so allein dahermarschierten. Oftmals sangen sie lauthals.
Warum? Ja, meinte Erika auf diese Frage, ich glaubte damals als kleines
Mädchen, wenn uns irgendeiner überfällt und wir plötzlich zu singen
aufhören würden, müsste das doch irgendeiner hören und davon ausgehen, dass
ein böser Mensch uns was antun wollte.
Einmal
war in dieser Zeit eine Mitschülerin aus der Stadt zum Abendessen
geblieben. Es gab natürlich reichlich zu futtern, selbstgebackenes Brot,
Butter, Eier und Wurst und Käse. In diesen Nachkriegszeiten ein Festmahl. Sie
packte natürlich tüchtig zu. Denn zu Hause war das Mahl nicht so üppig. Alles
musste ja auf Bezugsmarken eingekauft werden und davon bekam jeder nur eine
bestimmte, nicht üppige Anzahl vom Amt zugeteilt. Die Bauern, in der Regel
Selbstversorger, hatten dagegen mehr zu essen. Als die Freundin schließlich am
Schluss des Abendessens gefragt wurde, ob sie noch etwas haben möchte,
antwortete sie: „Ich möchte wohl noch was, aber – ich kann nicht mehr.“
Nach einer Weile sagte sie ganz leise: “Aber, wenn ich für meine Mutter ein
Butterbrot mitnehmen kann?“ Sicher bekam sie ein Butterbrot für ihre Mutter
und zog überglücklich ab.
Mit
den Pausenbroten war das so was. Diese üppigen selbstgebackenen Brote mit
dicker Butter, gut belegt mit Aufschnitt waren von den schmal gehaltenen
Stadtkindern in Burgsteinfurt - so hieß das heutige Steinfurt, in dem
Burgsteinfurt nur noch ein Ortsteil ist - sehr gefragt. Erika und ihre Schwester dagegen freuten sich, auch
mal Graubrot mit dünner Butter und nur magerer Leberwurst essen zu dürfen und
so tauschten sie mit den Stadtkindern die Pausenbrote.
Es
kam die Erstkommunion von Erika, 6.Juni 1946. Wie sollte man feierlich zur
Kirche kommen, wenn man ¾ Stunde laufen musste. Autos waren in dieser
Nachkriegszeit kaum noch vorhanden. Die letzten, eben auch die privaten, waren
für den Endkampf von Hitlers Krieg eingesetzt worden. Der Nachbar vom Heidehof
bot sich an. Er hatte eine Kutsche. Also ging es in der Kutsche mit zwei Pferden
davor zum Gottesdienst Eine eindrucksvolle Fahrt und schließlich, wer konnte
solch eine Fahrt schon zur Erstkommunion vorweisen. Hochzeiten, ja das hatte man
schon auch als Kind gehört, dass man da mit einer Kutsche zur kirchlichen Feier
fuhr. Der Tag der Erstkommunion hat
aber auch noch eine unliebsame Erinnerung hinterlassen. Als am Spätnachmittag
das Kommunionkind ins Haus kommt, hat sie ihr weißes Kleid ziemlich
zugerichtet. Sie drehte sich an der Turnstange. Staub- und Rostflecken waren
reichlich zu finden. Ob Mutter Mieze sich wohl die Haare gerauft hat?
Inhaltsangabe
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